2022 #17 Abstecher nach Kampen

Schon früh verlassen wir Blokzijl, Richtung Vollenhove und fahren über das“Zwartemeer“ zum „Ketelmeer„, wo wir im Haven Stichting Ketelmeer am Passantensteiger festmachen.

Ketelhaven

Wie sich schnell herausstellt, sind wir trotz der frühen Tageszeit nicht alleine unterwegs.

Unser Weg führt uns am Sturmflut- Sperrwehr bei Ramspol vorbei. Es ist das weltweit grösste aufblasbare Wehr dieser Art. Wenn ein Sturm aus Nordwest das Wasser des Ketelmeers ins Zwartemeer drückt und der Wasserspiegel auf NAP + 0,5m steigt, wird das Wehr innerhalb einer Stunde geschlossen. Dazu werden die Schläuche je zur Hälfte mit Luft und Wasser gefüllt. Als wir das Wehr passieren, ist es eher ruhig. Kaum Wind, kaum Wellen. Auch hier zeigt sich, die Kompetenz der Niederländer im Wassermanagement. Allen voran die Hochschule in Delft.

Ramspol am Ketelmeer

Kampen

Vom schön gelegenen, gepflegten und nett geführten Ketelhaven aus machen wir einen Abstecher nach Kampen, der letzten Hansestadt an der IJssel, die wir noch nicht besucht haben.

Vom Ketelhaven bis zur Stadt brauchen wir mit dem Boot 1h30. In Kampen gibt es mehrere Häfen. Wir suchen uns den Buitenhaven aus, den wir gegen 10h erreichen. Zunächst fahren wir in den „Neuen„. Dort ist zwar noch Platz, aber der Ort gefällt uns weniger. Kurz entschlossen, gehts zu dem „Alten“. Der „Alte“ wurde vor ein paar Jahren wieder in Betrieb genommen. Die dortige Infrastruktur ist moderner als im „Neuen“.

Der Hafenmeister empfängt uns auf dem Steg. Er stellt sich mit „Arnold“ vor. Was wir später erst verstehen, rufen die meisten (Alle?) Schiffer, die in den alten Hafen wollen, während der Hochsaison dort vorher an, um ihre Ankunft anzukündigen. Auch uns frägt Arnold, „Heb je gebeld voor een plek in de „Oude Haven„. Non, Nein, No ….

Mmmmh,…. er schaut etwas verwirrt auf unsere Landesflagge Bleu, Blanc, Rouge…. (von links nach rechts) und nicht Rood, Wit, Blauw (von oben nach unten…). Ahh, jetzt versucht er es nochmal auf Deutsch (er ist 200%iger Bayern München Fan, wie sich noch herausstellen wird). Zwei Dinge haben uns wohl erlaubt, einen schönen Platz dort zugewiesen zu bekommen:

  • 1./ die französische Flagge, er hatte wohl keine Lust uns die „Regeln“ zu erklären, dass man anrufen muss (soll),…
  • 2./ wir sagen, dass wir mindestens 2 Tage bleiben werden.

So war die Sache schnell erledigt. Bei unserer Ankunft sind noch 3 Plätze frei, der Hafen ist nicht sehr gross. Eine Stunde später ist der Hafen voll gepackt.

Er liegt direkt im Stadtzentrum an der Haupteinkaufsstrasse. Er bietet den üblichen Service inklusive Waschmaschine. Allerdings ist zu bedauern, dass Strom, Wasser und Dusche extra mit Münzen zu bezahlen sind. Pro Tag muss man (2 bis 4) x 0,50€ für Strom einplanen. Dusche gibt es für 1€.

Vor einigen Jahren, auf der Durchreise mit unserem Campingbus, hatten wir einen kurzen Stop in Kampen gemacht. Damals hat die Stadt keinen sonderlich guten Eindruck bei uns hinterlassen. Diesmal wollen wir es etwas genauer wissen. Während unseres Aufenthalts regnet es fast unaufhörlich. Wegen der anhaltenden Trockenperiode ist das zwar eine gute Nachricht, hilft allerdings wenig, um unseren ersten Eindruck der Stadt zu verbessern.

Für eine Stadt, die auch vom Tourismus lebt, finden wir sie etwas „traurig“ und nicht sehr einladend.

Gerechterweise sollte man aber auch sagen, dass Sonntag und Montag im Allgemeinen nicht die lebhaftesten Tage der Woche sind. So können wir auch das Stadtmuseum nicht besuchen…

Über das Reevediep soll es dann zu unserer nächsten Etappe in den Randmeren gehen. Davon rät uns der Hafenmeister ab. Es gibt dort mehrere feststehende Brücken mit einer theoretischen Durchfahrthöhe von 3,62m. Wenn wir unseren Mast legen und vorsichtig sind, wäre dies machbar. Aber der Hafenmeister weist auch auf die schwankenden Wasserstände dort hin.

Also fahren wir kurzentschlossen wieder zum Ketelhaven.

Auf dem Weg dorthin werden wir wieder Zeuge eines typischen niederländischen Schauspiels: die Autobahnbrücke, die die IJssel an ihrer Mündung überspannt, wird für ein Segelschiff gehoben. Nach einigen Minuten hat sich eine kilometerlange Schlange auf beiden Seiten der Brücke gebildet. Für uns Pariser ist die entspannte Ruhe solcher Szenen einfach unvorstellbar und immer wieder ein bemerkenswerter Moment.

Da wir festgestellt haben, dass auch hier, und nicht nur in Friesland, sehr viele Schiffe unterwegs sind und zusätzlich schon ab 11h einen Stellplatz anpeilen, denken wir, dass der erneute Stop dort sinnvoll ist.

Wir nutzen unseren Aufenthalt zu einem Abstecher noch Dronten, die nahegelegene Stadt im Hinterland. Eine Retortenstadt. Sie wurde 1958 auf dem Reissbrett für 15000 Einwohner geplant. Heute leben dort mehr als 40000 Menschen. Erst Anfang der 70er Jahre erhielt sie ihren Namen. Bei den meisten Städten, die auf unserem Weg liegen und die wir besuchen, handelt es sich um alte Handelsstädte mit einer langen Tradition. Hier in der Provinz Flevoland ist alles (fast) neu. Auch wenn man die Hintergründe kennt, hinterlässt die Stadt einen seltsamen, sterilen Eindruck. Wir fragen uns: könnten wir hier leben?