2021 #22 Die Rückreise beginnt

Wir verlassen Brügge zunächst in Richtung Gent am 17. August. Bevor wir die Rückreise nach Maasbracht antreten, bleiben wir noch 2 Nächte im Passantenhafen Lindelei. Wir haben uns vorgenommen Anfang September in unserem Winterhafen einzutreffen.

Lindelei (Gent / Gand / Ghent)

Das Wetter ist weiterhin „herbstlich“. Wir nutzen die Zeit zu 2 Museumsbesuchen. Wie auch in den Niederlanden machen wir in Belgien ausgiebig von der „Museumskarte“ Gebrauch.

In Gent besuchen wir das Museum Dr. Guislain (Museum über Psychiatrie) und das schöne Musée des beaux-arts genannt „MSK“.

Im MSK waren wir schon bei unserem ersten Besuch in Gent. Das Museum Dr. Guislain bemüht sich, ausser dem medizinischen Bereich, auch die Nähe zur Kunst hervorzuheben. Das bekannteste Bespiel hierzu ist wohl Van Gogh (hier nicht ausgestellt).

Bevor wir weiterfahren, gilt es zunächst, sich über den Rückweg Gedanken zu machen.

Wir haben die Wahl zwischen 4 Möglichkeiten, sogar 5, allerdings schliessen wir die Reise über die Wester – und Osterschelde aus.

  • Zeeschelde > Antwerpen > Albertkanal…oder
  • Bovenschelde > Kanal Nimy – Blaon -Peronnes >
    – Dendre > Zeeschelde … oder
    – Kanal Charleroi – Brussel > Zeeschelde oder
    Canal du Centre > Sambre > Meuse >
    – Julianakanal oder
    Zuid-Willemvaart (vorausgesetzt wir kommen dort vor dem 2. September an = Ende der Gültigkeit unseres „Permis de navigation“ für Flandern!)

Wir entscheiden uns für die „Südstrecke“, für uns Neuland! Der Rückweg über die Zeeschelde wäre eine schnellere Lösung, hat aber den Nachteil, dass wir wegen der Tiede bis mindestens Sonntag den 22. in Gent „warten“ müssten, um die Strömung des fallenden Wassers ausnutzen zu können.

Die Strecke über die Dendre fällt aus Zeitgründen aus. Die Variante „Brüssel“ hat zwar ihr Interesse, würde uns aber wieder zur Rupel zurückführen.

Auch wenn wir den Weg über die Meuse/Maas schon oft befahren haben, bietet sie landschaftlich am meisten! Es bleibt die „Durststrecke“ Charleroi > Namur. Doch zuvor reuen wir uns darauf den Canal du Centre zu entdecken, der technisch viel Interessantes bietet.

Aber zunächst geht es in Richtung Tournai, Mons….

2018 #23 Auf der Schelde nach Antwerpen

Die Schelde ist ein Gezeitenfluß. Die Tiede bei Antwerpen beträgt etwa 6m. Von Gent nach Antwerpen sind es rund 80km. Auf den ersten 30 km gibt es keine Anlegemöglichkeiten. Hier ist die Schelde noch recht schmal und sehr kurvenreich. Die Innenkurven sind meist versandet und man muß mit Berufsverkehr rechnen, so steht es in den Navigationsführern.

Aber zunächst heißt es mal die Reise vorbereiten. Seit unserem Saisonstart Anfang Mai lief unser Motor gute 300h. VOLVO-PENTA empfiehlt den Impeller alle 200h oder einmal pro Jahr, am Anfang der Saison, zu wechseln. Es ist also an der Zeit den den Impeller zu ersetzen, was wir noch im Hafen von Gent tun. Nach 30 Minuten läuft die Machine wieder in gewohnter Art.
Jetzt heißt es zunächst einmal die Gezeitentabelle zu studieren, um den optimalen Abfahrtszeitpunkt zu wählen.

Gezeiten

Unsere übliche Reisegeschwindigkeit liegt bei 9-10km/h oder bei 1600 – 1800 Motorumdrehungen/min. Ohne Gezeiten müssen wir also mit einer Fahrzeit von 8 Stunden rechnen, vorausgesetzt man will den Weg auf einmal hinter sich bringen.
Aus der Gezeitentabelle erfahren wir, daß an unserem geplanten Reisetag um 6h33 Hochwasser in Antwerpen ist. 3h30 braucht es bis zur Gezeitenschleuse in Gent. Dann ist dort der Hochwasserpegel bei 4,83m. Wenn wir also von der zurücklaufenden Flut voll profitieren wollen, müssen wir gegen 10h00 losfahren (allerdings dauert es etwa 1 Stunde bis die Strömung beim Rückfluss spürbar wird. Um 13h30 ist wieder Niedrigwasser in Antwerpen und die nächste Flute beginnt schon. Anders ausgedrückt, um ausschließlich von der Flut profitieren zu können, müsste man in Antwerpen vor 13h30 ankommen, also nach 3 ein halb Fahrstunden mit mehr als 22km/h Geschwindigkeit,… was in unserem Fall nicht realistisch erscheint. So muß man sich darauf einstellen, jeweils einen Teil der Strecke mit und gegen die Strömung zu fahren…
Der Hafenmeister weist uns darauf hin, dass wir mit einer maximalen Strömungsgeschwindigkeit von 5 – 6km/h rechnen können oder auch müssen. Er empfiehlt uns, um 8h vom Hafen loszufahren. So kommen wir gegen 9h an der Gezeitenschleuse Merelbeke an. Die Anzeige an der Schleuse zeigt an, dass das Wasser noch am Steigen ist, was durch einen grünen nach oben zeigenden Pfeil angezeigt wird. Der Pegelstand wird mit 3,83m angegeben. Erwartungsgemäß ist es noch eine Stunde bis zum maximalen Pegel.
Um kurz nach 9 fahren wir gemeinsam mit einer anderen Yacht aus der Schleuse aus und bekommen recht schnell, eine Gegenströmung von 4 – 5 km/h zu spüren. Nach einer Stunde Fahrt bei effektiven 5 – 6 km/h haben wir den Scheitelpunkt überschritten. Zunächst stabilisiert sich die Geschwindigkeit bei etwa 10 km/h. So fahren wir fast strömungsfrei eine Stunde, bis dann schrittweise die Strömung immer deutlicher wird und sich bei 4 – 5 km/h einpendelt, so dass wir  gute 3 Stunden bei 14 – 15km/h in Richtung Antwerpen fahren.
Die Strömung bekommt man leider auch auf eine zweite Art deutlich zu spüren. Mit der Hochwasserwelle schwimmen uns  sehr viel Holz, Abfall und sonstige Gegenstände  entgegen. Auf den ersten 20km gleicht unsere Fahrt eher einem Slalom. Obwohl wir sehr aufpassen, können wir nicht immer ausweichen. Irgendwann kracht es dann auch kräftig. Was wir da berührt haben, bleibt allerdings unklar. Wir sind wohl mit ein paar Kratzern davon gekommen.

2018-358

Gegen 14h30, nach etwa 50km beginnt sich unsere Fahrt wieder zu verlangsamen. Der Pegel hat sich auch schon deutlich verringert.

 

30 Minuten später bekommen wir wieder die volle Gegenströmung zu spüren. Es sind jetzt noch 15km bis zum Hafen. Inzwischen wird auch der Frachtverkehr dichter.

 

Gegen 16h30 erreichen wir die Kattendijkbrug mit Schleuse, vor der  schon 2 andere Boote auf der Schelde kreuzen. Direkt davor  gibt es absolut keine Festmachmöglichkeiten. Über Funk wird uns eine Wartezeit von 30 – 40 angegeben. Es bleibt uns nichts anderes übrig als Warteschleifen zu fahren, wobei man nah an der Schleuse bleiben sollte. Leider ist man gleichzeitig  dem starken Berufsverkehr ausgeliefert. Um in die Schleuse einfahren zu können, muß zunächst eine bewegliche Brücke einer recht stark befahrenen Straße bedient werden. Über Funk werden wir aufgefordert, so schnell wie möglich einzufahren, aber 2 sich kreuzende Frachtkähne hindern uns am schnellen Einfahren. Als wir endlich wieder am Schleusenkanal ankommen, schaltet die Ampel schon wieder auf Rot. Über Funk bitten wir noch einfahren zu dürfen, was uns mit der Aufforderung „Vite, Vite VAGABOND“ erlaubt wird.

Nach dem Schleusen erfahren wir, daß die „Londenbrug“ (das letzte „Hindernis“ vor dem Hafen) gegen 18h15 bedient wird. Der Schleusenwärter empfiehlt uns die Wartezeit in der Schleuse zu überbrücken. Gegen 18h10 kommt Bewegung auf und wir hören die Klingel der Brücke, die den Hebeprozess ankündigt. Mit uns wollen noch 8 – 10 Boote einen Platz im Hafen.

 

Als wir um 18h30 endlich den Motor nach fast 11 Stunden abstellen, ist uns noch nicht bewußt, daß uns der Hafenmeister einen der schönsten Liegeplätze im Hafen zugewiesen hat.

Geschafft!!! ça y est!!

 

2018 #22 Gent Gand Ghent

Die Stadt Gent bietet mehrere Anlegemöglichkeiten. Von der Leie kommend zögern wir nicht und wählen den auf dem Weg liegenden Passantenhafen „Lindenlei“. Wir kündigen uns über Funk an. Der Hafenmeister ist schon auf dem Steg und weist uns eine recht breite Box zu. Dort verweilen wir 5 Tage. Wasser und Strom sind extra. Die Übernachtung kostet 11€. Das Ambiente ist angenehm. Viele Bootsbesitzer, die hier festmachen, kennen sich, und kommen wohl öfter her, z.B. aus dem nahen Brügge.

2018-314

Der Hafen liegt in direkter Nähe zum historischen Zentrum, was wir mehrmals am Tag ausnutzen, um die Stadt näher kennenzulernen.

Der größere Stadthafen „Portus Ganda“ liegt im Osten der Stadt, etwas weiter vom historischen Zentrum entfernt. Wenn man von der Schelde kommt, ist dies eine gute Alternative.

2018-332

Morgens früh und abends, wenn die Touristengruppen nicht so zahlreich sind, ist es eine Freude durch die gut erhaltene Altstadt zu gehen. Bei einem Abendspaziergang lohnt es sich  die historischen Gebäude, die  malerisch erleuchtet oder angestrahlt, zu betrachten.

2018-316.jpg

2018-321

Es wird einem nicht langweilig hier. Die Stadt bietet viele interessante Gebäude aus einer Zeit, als Gent noch eine wichtige Handelsstadt war. Sie scheint die letzten Jahrhunderte ohne großen Schaden überwunden zu haben. Die Anzahl der alten Gebäude ist schier beeindruckend!  Wegen der vielen Studenten vrmittelt  die Stadt auch einen jungen Eindruck. Heute lebt die Stadt sicherlich auch zu einem guten Teil vom Tourismus. Auch hier besteht die Gefahr einer „Touristen-Overdosis“, wie in Amsterdam oder Barcelona.

 

Wenn man sich für einen Museumsbesuch entscheidet, gilt auch hier die einfache Regel : früh am Tag und bei Sonnenschein.  Dann hat man hat die Museen fast für sich allein. Wir besuchen das Design- Museum und das MSK, „Musée des Beaux-Arts de Gand“.

 

2018-3542018-355

Mit dem Rad unternehmen wir eine Rundfahrt an den vielen Kanälen der Stadt entlang. Dies erlaubt einen Eindruck ins tägliche Leben der Stadt.

 

3 Dinge fallen uns auf:

  1. die gut erhaltene Stadt, die von einer reichen Geschichte zeugt
  2. die Tatsache, daß man kaum Französisch versteht, geschweige spricht! Englisch hat hier die zweite Landessprache neben dem Flämischen verdrängt
  3. die Studenten aus aller Welt

Unsere Freunde Guy und Marleen hatten uns noch einen guten Restaurant Tipp gegeben: das Pakhuis.  Es lohnt sich dort vorbei zu schauen, nicht nur zum Essen. Das Restaurant bietet auch etwas für den architekturinteressierten Beobachter.

 

2018-371

Von Gent aus ist man auch schnell in Brügge. Mit dem Boot ist es eine kleine Tagesreise. Dieses Mal verzichten wir darauf. Wir wollen etwas länger in Antwerpen bleiben.