2025 # 18 Von Antwerpen nach Middelburg

Wer von Antwerpen aus nach Middelburg fahren will, dem stehen zwei Wege zur Verfügung:

  • Der direkte Weg über die Schelde und Westerschelde
  • Die Alternative über Rijn-Schelde-Kanal, Oosterschelde und das Veersemeer.

Wie man auf dem Schema sehen kann, entscheiden wir uns für die längere Strecke. Vor allem das schlechte Wetter (Regen, Wind, geringere Fernsicht) der nächsten Tage beeinflusst unsere Wahl.

Wir verlassen im Konvoi das Willemdok gegen 8h30 zur Öffnungszeit der Londonburg. Die Freigabe zur Ausfahrt aus dem Asiadok erhalten wir rund eine Stunde später via VHF 5 (siehe Beitrag #17).

Dann geht es zügig durch die drei Sektoren des Hafens. Mehrmals werden wir über Funk auf mögliche Gefahren fahrender oder kreuzender Schiffe und Frachter hingewiesen. Um 11h15 melden wir uns am der Nordlandbrug ab, jetzt geht es weiter zur Kreekraksluis und anschliessend zum Hafen in Tholen, den wir gehen 14h erreichen. Wir kennen das ehemalige Festungsstädtchen Tholen und den Hafen schon von früheren Reisen. Der ursprüngliche strategische Charakter für Bootsfahrer ist geblieben, denn der Hafen ist ein guter Ausgangspunkt zur Oosterschelde und eine Etappe zwischen dem Hollandsche Diep und Antwerpen.

Das alte Hafenbecken ist zurzeit für lange Boote (über 16m) reserviert, somit bekommen wir eine Box zugewiesen.

Wegen des weiterhin schlechten Wetters, empfiehlt uns die hilfreiche Hafenmeisterin, auf bessere Fahrbedingungen auf der Oosterschelde zu warten. Damit meint sie vor allem Tide, Strömung und Wind. Denn regnen wird es noch ein paar weitere Tage.

Wir nutzen die Zeit zu einer Fahrt mit dem Bus nach Bergen op Zoom.

In der Innenstadt herrscht ein lebhaftes Treiben, es ist Markttag. Wir suchen die Ruhe im Markiezenhof, dessen Besuch sich lohnt.

Zwei Tage später nutzen wir das fallende Wasser (3 h vor Niedrigwasser) bei mässigem Querwind von Norden, um nach Westen aufzubrechen. Zunächst geht es zur Bergsediepsluis, wo wie nach 30 Minuten ankommen. Die Schleuse misst 34m. Der Schleusenwärter weist uns an bis zum vorderen Tor vorzufahren, damit noch zwei weitere Motoryachten mitgeschleust werden können. Nach einigem Gerangel entscheidet das letzte Boot sich zurückzuziehen.

Wie erwartet, weht eine leichte Brise aus Nord-Westen auf der Oosterschelde , die kleine Querwellen erzeugt. Diese bringen uns leicht zum Schaukeln. Die Tideströmung des fallenden Wassers geben uns noch zusätzlich 2km/h Schwung. Auf halber Strecke entscheiden wir nicht nach Yerseke, sondern direkt nach Wemeldinge zu fahren. Die Distanz der mehr im Westen liegenden Stadt ist zwar grösser, aber wegen der betonnten Fahrrinde, ist der Weg kürzer. Ausserdem erwartet uns im UPS-Servicepunkt am Hafen von Wemeldinge ein wichtiges Päckchen ;-).

Wir bekommen im Binnenhafen eine Box zugewiesen. Mit unserem Motorboot kommt man sich hier fast wie ein Exote vor ;-). Die Oosterschelde ist vor allem ein Segelrevier, in dem viele belgische Wasserfreunde unterwegs sind und ihren festen Liegeplatz haben.

In Wemeldinge gibt es ausser dem Hafen nicht viel zu sehen. Der Hafen besitzt zwei Becken. Wir liegen im ruhigen „Binnenhafen“ hinter der alten Schleuse, die offen steht.

Mit dem Bus unternehmen wir eine Tagesfahrt nach Yerseke. Die Bushaltestelle liegt ganz in der Nähe des Hafens.

Yerseke zieht viele Touristen wegen der Muscheln- und Austern-Zucht an. Im Restaurant hat man dann die Wahl zwischen niederländischen, irischen und französischen Austern aus Oléron. Natürlich probieren wir die „Lokalen“.

Auch hier gilt das Gleiche wie für Wemeldinge, sieht man mal vom Hafenbereich und den nahegelegenen Austernzuchtbecken ab, bietet der Ort nicht sehr viel.

In Goes hoffen wir nun das zu finden, was wir an den Niederlanden besonders mögen, die kleinen, gemütlichen, gepflegten Städtchen.

Für die nur 10km von Wimeldinge bis Goes brauchen wir 2 Stunden.

Nach einer kurzen Wartezeit an der Schleuse Goes Sas führt uns der Weg weiter direkt zur Stadt. Allerdings liegen noch 3 Brücken auf, oder besser, im Weg! Zwei der Brücken werden einmal pro Stunde gehoben.

An der Ringbrug müssen wir die Öffnung um 11h abwarten. Einige Boote nutzen die Wartezeit zum Einkauf im nahegelegen Supermarkt Albert Hijn.

Dann geht es im Wechselbetrieb im Konvoi zum Hafen. Vorfahrt haben die rausfahrenden Schiffe. Je nach Tageszeit können es eine ganze Menge sein.

Das kleine Hafenbecken liegt mitten in der netten lebhaften Stadt, ganz in der Nähe des Marktplatzes. Abends ist er wahrlich „vollgepackt“. Dreierpacks sind am Längssteg die Regel.

Wir haben Glück, wir liegen am Längssteg an einer Engstelle. Selbst für Doppelpack reicht hier der Platz nicht. Da es uns gut gefällt, bleiben wir ein paar Tage in Goes und nutzen die Zeit zum Besuch des Stadtmuseums und einer Fahrt mit dem Zug nach Middelburg.

Unser nächstes Ziel ist das Veersemeer. Um 8h45 legen wir los, wie auch beim Ankommen in Goes geht es jetzt im Konvoi aus dem Hafen. Wir bemühen uns nicht sonderlich zu den ersten zu zählen, die den Hafen verlassen. Die Ringbrug wird um Punkt 9h gehoben. Wie sich an der Schleuse Goes Sas später zeigt, wäre es besser gewesen zu den ersten Booten zu gehören, sofern man es eilig hat. Als wir dort ankommen, ist die Schleuse schon voll belegt und wir müssen einen weiteren Schleusenzyklus abwarten, bevor uns der Weg über die Oosterschelde westwärts zur Zandkreeksluis führt. Diese erreichen wir gegen halb zwölf.

Auf dem Veersemeer sind wir nicht alleine.

Eine halbe Stunde später machen wir in der Box „Delta 14“ im sehr gut ausgestatteten Hafen WSV Wolphaartsdijk fest. Zum Festmachen am Steg dienen hier Ringe,… Beim Rückwärts-Einfahren ist das vor allem bei Wind eine Herausforderung. Einerseits will man langsam und vorsichtig in die Box reinfahren, anderseits muss man an die Ringe auf dem Steg kommen,… Der Wind erschwert die Aufgabe. Ein netter Segler am Steg eilt zur Hilfe. Jetzt geht alles ganz schnell. Das ist auch gut so, denn der Wind legt kräftig zu.

Ein Hafen in der Natur ist zur Abwechslung auch ganz nett. Alles wesentliche zum Bootsfahren findet man hier, nicht zuletzt eine Waschmaschine 😉

Nachdem sich das Wetter verbessert hat, führt uns der Weg weiter zur Stadt Veere, die im Westen des Veersemeers und am Kanaal door Walcheren nach Middelburg und Vlissingen gelegen ist.

Wir erreichen den kleinen engen Stadthafen gegen 11h. Als wir einfahren wird gerade ein passgenauer Platz am Steg frei. Um uns herum liegen die Yachten schon im Doppelpack. Der Hafenmeister empfiehlt, rückwärts ins Hafenbecken zu fahren. Zum Ende hin , gibt es kaum Möglichkeiten zu wenden.

Wir entscheiden uns sofort, mehrere Tage hier zu verweilen. Allein der Hafen lädt schon dazu ein. Zum Buchen des Platzes (inklusiv Strom und Wasser) dient die App i-Marine. Man kann allerdings auch direkt beim Hafenmeister buchen. Im Preis sind Wasser und Strom enthalten.

Als wir nach dem ersten Rundgang durch den Ort wieder im Hafen ankommen, sehen wir, dass wir inzwischen im Dreifach-Pack liegen. Das gehört hier wohl dazu, zumindest in der Hochsaison.

Grundsätzlich muss man sagen, dass wir bisher auf der ganzen Reise über die Oosterschelde immer einen Liegeplatz gefunden haben. Natürlich ist es empfehlenswert, sich vorher beim jeweilen Hafenmeister frühzeitig anzukündigen, auch wenn Reservieren oft nicht immer möglich ist und es keine Platzgarantie gibt.

Ausser dem sehr gefragten Hafen, hat die kleine Stadt und ihre Umgebung noch einiges zu bieten. Sie lädt zum Bummeln und ausgedehnten Spaziergängen und Radtouren ein.

So nutzen wir die Zeit auch zu einer Tour zum 9km langen Oosterschelde Sperrwerk, welches vor Sturmfluten schützen soll. Die Wehre werden nur bei Sturmflutgefahr geschlossen. Somit herrscht auf der Oosterschelde weiterhin Ebbe und Flut. Ursprünglich sollte auch die Oosterschelde eingedeicht werden. Das hätte aber das gesamte Ökosystem massiv beeinflusst.

Nach drei Tagen verlassen wir Veere und brechen nach Middelburg auf.

Zum Hafen gehören mehrere Becken, die über Brücken zu bestimmten Zeiten zugänglich sind. Wir finden Platz am Steg am Hafeneingang vor den Brücken und ganz in der Nähe des Bootsausstatters, wo wir auch tanken. Hier liegen wir ruhig und sind nicht auf die Hebezeiten der Brücken angewiesen.

Wir nutzen unseren dortigen Aufenthalt zu einem Abstecher mit den Rädern nach Vlissingen. So sehen wir die Westerschelde , und in gewisser Weise auch den Ausgangspunkt, wo unsere Reise zum Veersemeer hätte beginnen können.

Besonders gefallen hat uns das MuZEEum. Sehr empfehlenswert, wenn man sich für die marine Geschichte Zeelands näher interessiert.

Natürlich lohnt auch ein Spaziergang an der „Wasserfront“. Dort kann man das ständige Kommen und Gehen der Fähren, Lotsenboote und Frachter bestaunen.

Jetzt heisst es umkehren und die Rückreise nordwärts anzutreten.


ZUSAMMENFASSUNG (28 – 33) :

  • 28 Antwerpen > Tholen : 38km, 1 Schleuse, mehrere Brücken, 5,8Mh
  • Tholen > Wemeldinge : 16km, 1 Schleuse, 2,4Mh
  • Wimeldinge > Goes : 14km, 1 Schleuse, 3 Brücken, 1,9h
  • Goes > Wolphaartsdijk : 15km, 2 Schleusen, 3 Brücken, 2,6Mh
  • Wolphaartsdijk > Veere : 14km, 1,6Mh
  • Veerse > Middelburg : 6km, 1,3Mh

2025 #17 zum Willemdok

Viele Wege führen nach Rom„. Diese Weisheit gilt auch in gewisser Weise für die Fahrt zum Hafen Willemdok in Antwerpen. In letzter Zeit konnte man viel Falsches im Internet über die Zufahrt zum Hafen lesen.

Wie es zurzeit damit bestellt ist, wollen wir uns jetzt mal genauer ansehen.

Zur Veranschaulichung unterscheiden wir zwei Niveaus:

  • Die Anreise nach Antwerpen
  • Der Zugang zum Hafen

Die Anreise

Grundsätzlich führen 3 Wasserwege nach Antwerpen.

  1. Die Schelde
    – Westen: flussaufwärts von der Westerschelde kommend
    – Süden: flussabwärts von Gent kommend
  2. Der Rijn-Schelde Kanal von Norden kommend (Volkerak)
  3. Der Albert-Kanal von Osten kommend (Maas)


Vor der Fahrt ist es sinnvoll, sich über die aktuellen Verkehrsbedingungen zu informieren :


Schematische Darstellung: Zufahrt zum Hafen Willemdok

Die Schelde (I)
– flussabwärts von Gent kommend

Üblich ist der Weg zum Hafen von der Schelde kommend durch die tiedenabhängige Katteldijkschleuse (1). Diese ist aber bis auf Weiteres wegen Renovierungsarbeiten gesperrt. Wenn sie funktionstüchtig ist, wird sie nur zu bestimmten Zeiten bedient. https://www.jachthavenantwerpen.be/kattendijksluis/. Es empfiehlt sich immer einen Tag vor der Fahrt dort anzurufen.

– flussaufwärts von der Westerschelde kommend (3). In diesem Falle führt der Weg über die Boudewijnssluis und anschliessend zunächst durch den Hafen von Antwerpen (siehe Beschreibung via Rijn-Schelde-Kanal (II).

Der Rijn-Schelde-Kanal (II)

Die Durchfahrt durch den Hafen ist reglementiert [egal ob man von der Schelde (I), dem Rijn-Schelde-Kanal (II) oder Albert-Kanal (III) kommt].

Wenn man sich an diese Regeln hält und aufmerksam ist, dürfte die Fahrt kein Hindernis sein, vorausgesetzt das Boot besitzt eine FD-Nummer und ist mit AIS ausgestattet. Die FD-Nummer kann vom Hafen Willemdok ausgestellt werden.

Sektor Donk

An der Noordland Brücke meldet man sich auf VHF 2 für den Sektor Polder an:

  • Schiffname
  • Schifftyp
  • FD-Nummer
  • Anzahl der Personen an Bord
  • Ziel

Den Sektor Polder verlässt man wieder an der Lillo Brücke. Dort meldet man sich über VHF 2 von Polder ab und meldet sich anschliessend auf VHF 22 für den Sektor Donk an.

Vom Sektor Donk verabschiedet man sich auf VHF 22 bei der Vorbeifahrt der Ladekais 240 (Backbord) – 415 (Steuerbord). Für Weel meldet man sich auf VHF 62 an. Man verlässt den Sektor nach dem Ameriakdok, der zum Albert-Kanal führt.

Der Albert-Kanal (III)

Hier gelten Fahrbeschränkungen bis voraussichtlich 2030 wegen eines Tunnelbaus unter der Schelde. Die Fahrrinne des Kanals im Hafenbereich ist in der Breite stark eingeschränkt. Deshalb wurde ein Einbahnverkehr im Wechselbetrieb West-Ost eingerichtet. Diese Beschränkungen haben auch dazu geführt, dass die Zufahrt zum Yachthafen verlegt wurde (Siehe Zugang). Wenn man sich dem Baustellenbereich nähert (ob von Westen oder Osten) muss man sich über VHF 5 (Passage-Plannung) anmelden und die üblichen Informationen angeben. Die Fahrtrichtung ändert sich alle 3/4h. Man fährt dann im Konvoi. Mit Wartezeiten muss gerechnet werden.

Der Zugang

Zurzeit steht nur der Zugang (2′) (via Asiadok) zur Verfügung.

  • Der Zugang von der Schelde (1) kommend (via Katteldijksluis) ist gesperrt wegen Bauarbeiten
  • Der Zugang (2) über die Siberiabrug ist gesperrt wegen des Tunnelbaus im Albertkanal. Deshalb wurde der Zugang nach Asiadok über die Luikbrug (2′)verlegt.

Die Luikbrug steht wegen der Bauarbeiten offen. Wann man vom Albertkanal einfahren (oder vom Asiadok ausfahren) darf, wird vom Passage-Planner bestimmt. Längere Wartezeiten sind einzuplanen. Man sollte sich auf jeden Fall frühzeitig über die Verkehrssituation informieren!

Vom Asiadok geht es dann zum Houtdok. Die Asiaburg steht offen. Das Houtdok verlässt man über die Mexicobrug (VHF 69). Geöffnet wird die Brücke, wenn es der Strassenverkehr erlaubt. In Stosszeiten kann es zu Wartezeiten kommen.

Von dort gelangt man ins Katteldijkdok (welches, falls keine Sperrungen vorlägen würden auch über (1) und (2) zu erreichen wären).

Ausfahrt aus Willemdok – Londonbrug

Zum Hafen steht nur noch die Londonbrug (VHF 69) im Weg. Die Brücke wird je nach Tageszeit alle 1h30′ bis 3h gehoben.

Wenn die Brücke gehoben wird, kommt der Hafenmeister mit einem kleinen Schlauchboot zu jedem wartenden Boot zur Einweisung.

Der Weg aus dem Hafen gelingt auf die gleiche Weise.

2018 #24 Im und um dem Hafen Willemdok

Napoleon haben wir das Willemdok zu verdanken. Um dort hin zu kommen, ist nicht sehr einfach. 4 Möglichkeiten stehen einem zur Verfügung. Alle sind recht anspruchsvoll und haben ihre Schwierigkeiten:

  1. Die Schelde, vom Meer kommend im Westen
  2. Die Rhein-Schelde Verbindung, die den Hafen mit Rotterdam verbindet im Norden
  3. Den Albertkanal, von der Maas kommend im Osten
  4. Die Boven-Schelde vom Süden kommend

Aber es lohnt sich, die Mühe zu machen. Man entdeckt eine weltoffene moderne Stadt im Wandel.

Seitdem hier der Yachthafen im Willemdok entstanden ist, hat sich dieses Stadtviertel stark zu seinem Vorteil verändert. Der ursprüngliche Hafen wurde irgendwann zu klein. Heute liegt der Handelshafen nördlicher, außerhalb der Stadt. Dann war dieses Viertel lange Zeit sich selbst überlassen.

Heute findet man hier luxuriöse Wohnungen, um das Hafenbecken haben sich viele Restaurants angesiedelt und nicht zuletzt ist das Museum aan de Stroom „MAS“ ein Anziehungspunkt geworden. Das kleine Restaurant „Sil’eau“ am Napoleonkai gefällt uns besonders gut zum „lunchen“.

Der Hafen ist sehr gut geführt, gut gesichert und bietet alle Serviceleistungen inklusive Kraftstoff. Selbst der Preis hält sich Grenzen,… vor allem wenn man ihn mit Arsenal in Paris vergleicht. Erstaunlich ist übrigens auch die Ruhe, nicht nur im Vergleich mit Paris.

 

2018 #23 Auf der Schelde nach Antwerpen

Die Schelde ist ein Gezeitenfluß. Die Tiede bei Antwerpen beträgt etwa 6m. Von Gent nach Antwerpen sind es rund 80km. Auf den ersten 30 km gibt es keine Anlegemöglichkeiten. Hier ist die Schelde noch recht schmal und sehr kurvenreich. Die Innenkurven sind meist versandet und man muß mit Berufsverkehr rechnen, so steht es in den Navigationsführern.

Aber zunächst heißt es mal die Reise vorbereiten. Seit unserem Saisonstart Anfang Mai lief unser Motor gute 300h. VOLVO-PENTA empfiehlt den Impeller alle 200h oder einmal pro Jahr, am Anfang der Saison, zu wechseln. Es ist also an der Zeit den den Impeller zu ersetzen, was wir noch im Hafen von Gent tun. Nach 30 Minuten läuft die Machine wieder in gewohnter Art.
Jetzt heißt es zunächst einmal die Gezeitentabelle zu studieren, um den optimalen Abfahrtszeitpunkt zu wählen.

Gezeiten

Unsere übliche Reisegeschwindigkeit liegt bei 9-10km/h oder bei 1600 – 1800 Motorumdrehungen/min. Ohne Gezeiten müssen wir also mit einer Fahrzeit von 8 Stunden rechnen, vorausgesetzt man will den Weg auf einmal hinter sich bringen.
Aus der Gezeitentabelle erfahren wir, daß an unserem geplanten Reisetag um 6h33 Hochwasser in Antwerpen ist. 3h30 braucht es bis zur Gezeitenschleuse in Gent. Dann ist dort der Hochwasserpegel bei 4,83m. Wenn wir also von der zurücklaufenden Flut voll profitieren wollen, müssen wir gegen 10h00 losfahren (allerdings dauert es etwa 1 Stunde bis die Strömung beim Rückfluss spürbar wird. Um 13h30 ist wieder Niedrigwasser in Antwerpen und die nächste Flute beginnt schon. Anders ausgedrückt, um ausschließlich von der Flut profitieren zu können, müsste man in Antwerpen vor 13h30 ankommen, also nach 3 ein halb Fahrstunden mit mehr als 22km/h Geschwindigkeit,… was in unserem Fall nicht realistisch erscheint. So muß man sich darauf einstellen, jeweils einen Teil der Strecke mit und gegen die Strömung zu fahren…
Der Hafenmeister weist uns darauf hin, dass wir mit einer maximalen Strömungsgeschwindigkeit von 5 – 6km/h rechnen können oder auch müssen. Er empfiehlt uns, um 8h vom Hafen loszufahren. So kommen wir gegen 9h an der Gezeitenschleuse Merelbeke an. Die Anzeige an der Schleuse zeigt an, dass das Wasser noch am Steigen ist, was durch einen grünen nach oben zeigenden Pfeil angezeigt wird. Der Pegelstand wird mit 3,83m angegeben. Erwartungsgemäß ist es noch eine Stunde bis zum maximalen Pegel.
Um kurz nach 9 fahren wir gemeinsam mit einer anderen Yacht aus der Schleuse aus und bekommen recht schnell, eine Gegenströmung von 4 – 5 km/h zu spüren. Nach einer Stunde Fahrt bei effektiven 5 – 6 km/h haben wir den Scheitelpunkt überschritten. Zunächst stabilisiert sich die Geschwindigkeit bei etwa 10 km/h. So fahren wir fast strömungsfrei eine Stunde, bis dann schrittweise die Strömung immer deutlicher wird und sich bei 4 – 5 km/h einpendelt, so dass wir  gute 3 Stunden bei 14 – 15km/h in Richtung Antwerpen fahren.
Die Strömung bekommt man leider auch auf eine zweite Art deutlich zu spüren. Mit der Hochwasserwelle schwimmen uns  sehr viel Holz, Abfall und sonstige Gegenstände  entgegen. Auf den ersten 20km gleicht unsere Fahrt eher einem Slalom. Obwohl wir sehr aufpassen, können wir nicht immer ausweichen. Irgendwann kracht es dann auch kräftig. Was wir da berührt haben, bleibt allerdings unklar. Wir sind wohl mit ein paar Kratzern davon gekommen.

2018-358

Gegen 14h30, nach etwa 50km beginnt sich unsere Fahrt wieder zu verlangsamen. Der Pegel hat sich auch schon deutlich verringert.

 

30 Minuten später bekommen wir wieder die volle Gegenströmung zu spüren. Es sind jetzt noch 15km bis zum Hafen. Inzwischen wird auch der Frachtverkehr dichter.

 

Gegen 16h30 erreichen wir die Kattendijkbrug mit Schleuse, vor der  schon 2 andere Boote auf der Schelde kreuzen. Direkt davor  gibt es absolut keine Festmachmöglichkeiten. Über Funk wird uns eine Wartezeit von 30 – 40 angegeben. Es bleibt uns nichts anderes übrig als Warteschleifen zu fahren, wobei man nah an der Schleuse bleiben sollte. Leider ist man gleichzeitig  dem starken Berufsverkehr ausgeliefert. Um in die Schleuse einfahren zu können, muß zunächst eine bewegliche Brücke einer recht stark befahrenen Straße bedient werden. Über Funk werden wir aufgefordert, so schnell wie möglich einzufahren, aber 2 sich kreuzende Frachtkähne hindern uns am schnellen Einfahren. Als wir endlich wieder am Schleusenkanal ankommen, schaltet die Ampel schon wieder auf Rot. Über Funk bitten wir noch einfahren zu dürfen, was uns mit der Aufforderung „Vite, Vite VAGABOND“ erlaubt wird.

Nach dem Schleusen erfahren wir, daß die „Londenbrug“ (das letzte „Hindernis“ vor dem Hafen) gegen 18h15 bedient wird. Der Schleusenwärter empfiehlt uns die Wartezeit in der Schleuse zu überbrücken. Gegen 18h10 kommt Bewegung auf und wir hören die Klingel der Brücke, die den Hebeprozess ankündigt. Mit uns wollen noch 8 – 10 Boote einen Platz im Hafen.

 

Als wir um 18h30 endlich den Motor nach fast 11 Stunden abstellen, ist uns noch nicht bewußt, daß uns der Hafenmeister einen der schönsten Liegeplätze im Hafen zugewiesen hat.

Geschafft!!! ça y est!!