2025 #23 Gewässer um Dordrecht

Wir haben schon zweimal in früheren Jahren über unsere Reisen nach Dordrecht berichtet: 2017 und 2019

Unser Interesse gilt dieses Mal der besonderen geographischen Situation und deren Einfluss auf das Bootsfahren.

Dordrecht ist von Wasser umgeben und liegt mitten im Rhein-Maas-Delta. Auch wenn man es kaum wahrnimmt, die Stadt liegt auf einer Insel.

Im Osten der Stadt spaltet sich der Waal in den Boven- und Nieuwe Merwede auf. Im Westen fliesst die Oude Maas, die im Süden in den Dordtse Kil und im Norden in den Noord übergeht. Hinzu kommen in Betracht der Lek (Niederrhein) im Norden, die Maas (Amer, Bergische Maas) und der Hollands Diep im Süden.

Für die Berufsschifffahrt ist die Stadt ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt nach Antwerpen, Rotterdam, der Nordsee und dem Rhein. Der Verkehr wird hier von einer Verkehrszentrale überwacht und gesteuert. Auch für Sportboote ist es empfehlenswert, sich über Funk zu identifizieren, um Gefahrensituationen zu vermeiden.

Wer hier als Freizeitkapitän unterwegs ist, sollte zwei Dinge besonders im Auge behalten: den Fracht- und Fährverkehr und die Strömungsverhältnisse, die hier herrschen. Diverse Flussströmungen und Gezeitenstrom addieren sich hier.

Beide sollten in Betracht gezogen werden, wenn man seine Fahrzeiten optimieren möchte.

Insgesamt stellt der Waal den grössten Anteil der abfliessenden „Wassermassen“ dar. Vereinfacht gesagt fliessen 40% über die Boven Merwerde und 60% über die Nieuwe Merwerde. 3/4 des Wassers der Boven Merwede fliessen in Richtung Rotterdam über den Noord ab. Das restliche Viertel flïesst zur Oude-Maas und zum Dordtse Kil, wobei zu berücksichtigen ist, dass ein Teil des Wassers des Nieuwe Merwerde und der Maas über den Dordtse Kil und Oude-Maas abfliesst. Dieser Anteil hängt stark von den Wasserständen ab. Wenn bei Niedrigwasser die Wehre im Haringvliet geschlossen sind, erhöht sich dieser Anteil.

Um die Sache noch etwas interessanter zu gestalten, darf man den Einfluss des Mondes nicht unterschätzen. Der Gezeitenstrom reicht bis weit ins Hinterland.

Tide und Abfahrtzeiten von Dordrecht (ohne Gewähr)

Am 1.September ist Hochwasser an der Küste (Messpunkt Hoek van Holland) um 9:22h. Die Flutwelle erreicht Dordrecht nach fast 2h um 11:07h. Bis die Welle dann Keizersveer an der Maas erreicht vergehen noch weitere 3h.

Unser Ziel ist es also, die Flutwelle (ablaufend zunächst und dann auflaufend) für unsere Reise optimal zu nutzen. Zunächst gilt es, von Dordrecht über Oude Maas und Dordtse Kil zum Hollandsch Diep zu gelangen.

Hier nutzen wir das ablaufende Wasser.

Am Vortag hatten wir unsere Einschätzungen mit den Informationen des „Schwarzen Brettes“ im Hafen verglichen. Streng nach der Devise „Doppelt genäht, hält besser“. Dort werden für die jeweiligen Fahrtrichtungen (> Noord, > Oude Maas, > Spui und > Dordtse Kil) Empfehlungen zu den günstigsten Abfahrtzeiten gegeben.

Angewandt auf uns, ergibt das am 1. September ein Zeitfenster von 10h bis 14h.

Da dies schon recht spät ist, verlassen wir den Hafen um 10h (also noch vor Hochwasser). Bevor wir auf die Oude Maas rausfahren, werfen wir schnell noch einen Blick auf den Plotter. Einer der berüchtigten Schubverbände „Veerhaven“ ist glücklicher Weise schon rund einen Kilometer weiter entfernt.

Wir fahren im Konvoi mir EPSILON, welche die Verkehrszentrale per Funk über unsere gemeinsame Fahrtrichtung informiert. Bis zur Einfahrt in den Dorsdte Kil fahren wir mit unserer üblichen Reisegewindigkeit. „SOG“ und Geschwindigkeit im Wasser liegen bei 10km/h.

Nach einer guten halben Stunde nehmen wir deutlich Fahrt auf. Bis zur Einfahrt ins Hollands Diep kommen wir jetzt mit 14km/h voran. Wir werden „gezogen„.

Dann verlangsamt sich die Fahrt für eine kurze Zeit. Hier, am Kreuzungspunkt von Hollands Diep, Dordtse Kil, Amer und Nieuwe Merwerde, treffen ablaufendes Wasser und auflaufendes Wasser aufeinander. Das merkt man auch daran, dass trotz mässigem Wind und geringem Berufsverkehr das Wasser sehr unruhig und aufgewühlt ist.

Sobald wir auf der Amer, später Bergsche Maas sind, spüren wir jetzt das auflaufende Wasser. Wir werden „geschoben„. Da der Höchststand bei Keizerveer erst 3 Stunden nach Dordrecht (um 13:48h) erreicht wird, trägt uns die Flutwelle fast bis nach Heusden, wo wir um 14h30 festmachen.

2022 # 12 Emden aller-retour

Wie schon der Titel sagt, wird es nur eine kurze Reise nach Norddeutschland, genauer gesagt nach Emden in Ostfriesland .

Als wir von Groningen in Richtung Ems und Dortmund-Ems-Kanal über die kleinen Kanäle aufbrechen wollen, erfahren wir über die Wasserweg- Informationen, dass dies zur Zeit wegen Reparaturarbeiten einer Schleuse „auf absehbare Zeit“ nicht möglich ist. HINWEIS: Inzwischen ist die Sperrung wieder aufgehoben.

Also entscheiden wir uns, nicht länger zu warten und brechen nach Delfzijl auf. Wie von Geisterhand werden die Brücken geöffnet.

Der Berufsverkehr kommt uns heute meist entgegen. Nachdem wir an der Seeschleuse nach wenigen Minuten in der kleinen Kammer mit 2 Sportbooten aus Deutschland geschleust werden, fahren wir in den Aussenhafen, den wir gegen 13h erreichen. HINWEIS: Im Hafenkanal ist das Mithören des VHF Kanals 3 (neben dem üblichen Betriebskanal VHF10) auch für Sportboote empfohlen.

Es ist allerdings sinnlos zu versuchen, die Hafenmeisterin über den angegebenen Funkkanal 66 zu kontaktieren. Sie hat überhaupt kein Funkgerät! Telefonieren geht da schon besser, direkter,…

Wir legen uns an den den Längssteg, der für Boote ab 11m Länge vorgesehen ist. Am Abend sonnen sich hier 4 Linssen Yachten (siehe Bild).

Delfzijl // Aussenhafen / Neptunus

Der Hafen besitzt das Prädikat „königlich„. Das heisst für uns, dass dort der französische „Pavillion“ als Begrüssungsgeste gesetzt ist. Die Tradition wird gewahrt. Erfreut bedanken wir uns bei der Hafenmeisterin Samantha.

Die Stadt Delfzijl bietet nichts besonderes (für unseren Geschmack). Sie lebt einerseits vom Transit der Tanker, die zwischen Deutschland und den Niederlanden verkehren und einem lokalen Reeder, der Überseetank- und Fährschiffe betreibt.

Beeindruckend sind die Dämme zum Schutz der Stadt.

Hier am Dollart ist das Wasser sehr verschlickt. Fische und Vögel haben es schwer. Ein gross angelegtes Naturschutzprogramm soll helfen, dass in dieser industriellen Umgebung die Natur wieder zu Worte kommt.

Dollard // Von Delfzijl in Richtung Emden

Das Wetter ist eher schlecht, so auch die Aussichten für die folgende Woche mit Wind und Regen. Der Wind ist mit 4 – 6 Bft schon recht stark. Für die nächsten Tage ist kaum Besserung angesagt. Allerdings soll es am nächsten Tag zwischen 11h und 13h etwas ruhiger werden.

Da wir vorhaben zunächst in Richtung Mittellandkanal zu fahren, erkundigen wir uns im Hafen über die besten Etappen. Wegen des wechselhaften Wetters fallen die Antworten sehr unterschiedlich aus.

Somit ändern wir unseren Plan. Jedoch wollen wir auf einen Abstecher nach Emden nicht verzichten.

Ein Boot aus Neuss am Rhein ist in ähnlicher Situation. Wir entscheiden gemeinsam, am nächsten Tag den Dollart zu überqueren und zunächst in Emden auf Besserung zu warten.

Wie sieht es aus mit Wind und Tiede? Bekannter Weise muss man im Ems-Delta mit starker Strömung, Berufsschiffern und Fährbetrieb rechnen.

Dollart // Delfzijl > Emden

Niedrigwasser haben wir um 11h20 am nächsten Tag. Ein erfahrener Skipper aus Delfzijl rät uns nach Niedrigwasser 2h zu warten. Bei gutem Wind von Westen wären so die Bedingungen für die Überfahrt gut. Das Boot aus Neuss will unbedingt die Schleuse in Emden um 13h nehmen. Sportboote werden an der Nessellander Schleuse jede volle Stunde geschleust. Bei „geraden“ Uhrzeiten von Binnen nach Buten. Bei „ungeraden“ Uhrzeiten von Buten nach Binnen. Die nächste Schleusung wäre somit um 15h.

Daher möchte unser „Begleitboot“ schon um 11h los, um sicherzugehen, dass wir die Schleuse um 13h passieren. Wir willigen ein, noch vor dem Beginn des auflaufenden Wassers loszufahren. Mit unserem Verdränger kommen wir daher nicht in den Genuss des Gezeitenstroms, sondern merken noch eine leichte Strömung der Ems… Gegen 12h30 nehmen wir endlich etwas Fahrt auf (+2km/h), aber es scheint zu spät, um noch rechtzeitig an der Schleuse anzukommen. Gegen 12h45 informiert uns unser „Begleiter“ über Funk, dass er versucht, noch rechtzeitig an der Schleuse zu sein. So gibt er mit seinem „Halbverdränger“ Gas. Später wird er uns von seinen 380PS erzählen.

Nicht nur, dass er die Schleuse noch rechtzeitig erreicht, es gelingt ihm auch, den Schleusenwärter zu überzeugen, doch bitte auf 75PS Verdränger VAGABOND zu warten. Es klappt!

Gegen 14h legen wir zusammen am südlichen Ufer im historischen Binnenhafen an. Unser „Begleiter“ freut sich sehr über die Flasche Champagner, die wir ihm zum Dank überreichen.

Emden

Wir bleiben 2 Nächte. Zeit genug, um über die Weiterreise nachzudenken.

Es mag am schlechten Wetter liegen, dass die Stadt uns nicht besonders anspricht.

Wir nutzen die Zeit, um der Kunsthalle einen Besuch abzustatten. Henri Nannen gab den Anstoss zu diesem Museum. Viele Werke aus seinem Nachlass sind dort ausgestellt. Ausserdem beherbergt das Museum eine lehrreiche und überaus interessante Ausstellung über die Provenienzforschung.

Da sich das Wetter nicht grundsätzlich bessert und wir eh zeitlich etwas unter Druck geraten sind, entscheiden wir uns schweren Herzens, auf einen längeren Aufenthalt in Norddeutschland zu verzichten.

Am nächsten Tag geht es zurück über den Dollart in Richtung Groningen. Hochwasser ist für 7h20 angesagt. Bis 10h weht der Wind mit 3Btf aus Nordwest. Dann frischt er auf mit Böen bis 6 BFt. Wir versuchen die Seeschleuse um 9h zu nehmen. Der Schleusenwärter weist darauf hin, dass von Binnen nach Buten, die nächste Schleusung für Sportboote um 10h angesagt ist. Trotzdem rät er uns, die Eisenbahnbrücke am alten Binnenhafen um 8h55 öffnen zu lassen. HINWEIS: Die Brücke wird auf Anfrage jede volle Stunde (xxh55) gehoben. Falls es dann um 9h möglich ist, mit Berufsschiffern zu schleusen, wären wir dann gegen 9h30 schon auf dem Dollart. So machen wir es und es klappt.

Als wir den Vorhafen verlassen, müssen wir feststellen, dass sich das Wetter gegenüber der Vorhersage verschlechtert hat. Es regnet, die Sicht ist schlecht und der Wind weht schon mit 4 Bft. Sofort bekommen wir die starke Strömung zu spüren. Obwohl wir im Wasser nur mit 8 – 9 km/h bei 1600 Umdrehungen fahren, gleiten wir mit 15 km/h flussabwärts.

Skizze Dollard

HINWEIS: Von Delfzijl > Emden : bei auflaufendem Wasser / Niedrigwasser in Delfzijl + 2h // Emden > Delfzijl : bei ablaufendem Wasser / Hochwasser in Emden + 1h

Die Fahrt auf dem offenen Wasser dauert nur 70′, allerdings „bewegte“ Minuten!! Mit dem Fernglas halten wir die Wendeboje im Auge. Ein uns entgegenkommendes Hochseeschiff hindert uns, frühzeitig mit der Strömung in Richtung Einfahrt zum Delfzijler Hafenkanal abzubiegen. Somit kommen wir etwas zu weit ab, müssen gegen den Strom anfahren. Die vom Wind aufgestauten Wellen haben wir nun auf der Steuerbordseite, was unser Boot zum Rollen bringt. Die letzten 2km bis zur Einfahrt werden etwas unangenehm.

Im Hafen angekommen, entscheiden wir uns, dort nur zu tanken und fahren anschliessend weiter. Wir denken, dass wir bei dem miesen Wetter besser in Groningen aufgehoben sind. Dort wartet ja noch das Groningen Museum auf unseren Besuch.

Delfzijl // Seeschleuse / Aussen

Um 12h45 verlassen wir die kleine Kammer der Seeschleuse und erreichen Groningen um 16h. Am Steg B hat Christa,die Hafenmeisterin für uns einen Platz an der Kade vorgesehen.

Nach einem aufregenden Tag sind wir wieder in bekannter und entspannter Umgebung.

Zusammenfassung:

  • Groningen > Delfzijl : 29km / 3,8Mh
  • Delfzijl > Emden : 20 km / 2,9Mh
  • Emden > Groningen : 48km / 6,6Mh (inklusive Tankstop im Aussenhafen Delfzijl)