Nachdem wir abends die Karte studiert haben, starten wir am nächsten Morgen gegen 9h in Drimmeln. Aber zunächst lassen wir noch den Tank auffüllen. Dies senkt den Schwerpunkt, was bei schlechten Fahrbedingungen hilfreich ist und verkleinert das Risiko, dass der Tankinhalt zu stark aufgewirbelt wird…. und dadurch den Dieselfilter verstopft.
Für die Überfahrt nach Willemstad rechnen wir etwa 3h bis 3h30. Die Bedingungen sind nicht ideal: es ist kalt, es regnet, die Sicht ist etwas beschränkt, aber noch ausreichend (mindestens 6 km). Nur der geringe Wind (2 – 3 bft) ist von Vorteil.
Nach einer Stunde erreichen wir die Mündung von Amer (= Maas) und Merwerde ( = Waal). Die beiden Brücken für Zug und Auto sind in Sicht. Ab jetzt gilt es, aufmerksam den Frachtverkehr im Auge zu behalten und auf den Sprechfunk zu achten. Wir entscheiden uns, zunächst auf der Nordseite zu bleiben und orientieren uns an den roten Bojen und nehmen Kurs auf die für „Sport“ reservierte nördliche Brückendurchfahrt.
Kurz vor der Kreuzung mit dem Dordtse Kil werden wir über VHF10 von einem Frachter angerufen. Von der Amer kommend, möchte er nach Rotterdam. Wir bestätigen unsere Fahrt zu verlangsamen, lassen ihn überholen, um in den Dordtse Kil einbiegen zu können. Als er an uns vorbei ist, bedankt er sich und empfiehlt uns die in Richtung Volkerak fahrenden und von Norden kommenden zwei Containerschiffe abzuwarten.
Gesagt, getan! Wir warten auch diese beiden ab, und orientieren uns nun an der für Sportboote vorgesehenen nördlichen Nebenfahrrinne der durch rot und grün markierten Hauptfahrrinne. Indem wir uns an den „Recreatie“-Bojen orientieren (rot-weiß) setzen wir unsere Fahrt fort. Da Willemstad am Südufer liegt, gilt es irgendwann, die Hauptfahrrinne zu kreuzen, um so, anschliessend sicher in der südlich gelegenen grün-grünweißen Nebenfahrrinne zum Hafen zugelangen.
Wärend wir Ausschau halten, um einen günstigen Moment abzuwarten, kommt ein Polizeiboot mit hoher Geschwindigkeit in der Hauptfahrrinne entgegen. Trotz einer Entfernung von mindestens 500m bringt es unser Boot kräftig ins Rollen. Obwohl wir alle Türen und Schubladen gesichert haben, fliegt alles was nicht „niet und nagelfest“ ist im Boot herum. Nach einem guten Schub Adrenalin und Kurskorrektur bringen wir das Boot wieder unter Kontrolle.
Der Verkehr ist sehr drückend. Wir müssen 6 Frachter abwarten bis wir zum Kreuzen ansetzen. Es gilt vor allem die von hinten ankommenden Boote im Auge zu behalten. Normalerweise fahren wir mit 9km/h (SOG). Jetzt muss es schneller gehen. Also geben wir Gas, um uns schnellstmöglich die Hauptfahrrinne verlassen zu können.
Beim Kreuzen ist extreme Vorsicht geboten!
Als wir die südliche Nebenfahrrinne erreichen, atmen wir auf. Der wunderschöne Anblick von Willemstad läßt einen schnell den Stress vergessen.
Zum Schluss noch ein paar praktische Hinweise:
Sicherheit „first“!!!
- Eindeutige Fahrmanöver
- Radarspiegel setzen // Navigationslichter an
- Falls vorhanden AIS im Auge halten
- Schwimmwesten bereitlegen oder (besser noch) anlegen
- Funk aufmerksam verfolgen und falls notwenig mit Frachtern (oder RWS oder Polizei Verbindung aufnehmen (idealerweise 2 Kanäle abhören: VHF 10 und die Blockkanäle 7 und 71)
- Fernglas ständig benutzen (vorne und noch mehr hinten)
- Alle beweglichen Gegenstände wegpacken, Schränke, Tisch und Schubladen verrNach einem guten Schub Adreiegeln
- Vor der Abfahrt Motorraum überprüfen : Wasserfilter, Keilriemen, …
….ich habe ja noch nie von soviel Spannung mit der Berufsschifffahrt gehört. Liegt evtl. nur daran, dass ich i. A. schnellere Boote fahre ?
Viel Spaß und ein schönes WE noch.
Gruß Gerhard und Mary
Letztes Jahr hat uns so ein Schnellboot fast zum kentern gebracht… LG zurück