2024 #11 Unterwegs auf dem Mittellandkanal

Über den Kanal haben wir schon viel gehört und gelesen. Langweilig, eintönig, Spundwände, endlos,…

10 Jahre hat es gebraucht, bis wir uns endlich ein eigenes Bild machen können. Ja der Kanal ist 325 km lang. Oder sollten wir besser sagen, die Wasserstrasse ändert ihren Namen auf der gesamten Strecke nicht?

Der Bau am Mittellandkanal wurde 1905 begonnen. Erste Überlegungen gehen auf die Mitte des 19 Jahrhunderts zurück. Die 325km lange Strecke wurde 1938 fertiggestellt. Er verbindet den Rhein, die Ems, die Weser, die Elbe, die Havel und die Oder miteinander. 20 000 Schiffe benutzen ihn jährlich.

Es ist auch kein Zufall, dass das VW Werk direkt am Kanal entstand und hier ab 1938 der „Käfer“ (oder sagen wir genauer der Porsche V60) gebaut wurde.

Der Kanal beginnt am „Nassen Dreieck“ , dort kreuzt er den Dortmund-Ems-Kanal im Westen, und endet an der Schleuse Hohenwarte im Osten, der in den Elbe-Havel-Kanal übergeht.

Aber kommen wir zurück zu unserer Fahrt.

Zunächst einmal fallen die vielen Anlegemöglichkeiten auf. Alle 10 – 15km liegen sie meistens am Ende (oder Anfang) der Parkplätze für Frachter und sind speziell „Nur für Kleinfahrzeuge“ oder „Nur für Sportboote“ gekennzeichnet. Dort finden im Allgemeinen 2 bis 3 Sportboote Platz. Sieht man von wenigen Ausnahmen ab, gibt es dort weder Wasser noch Strom. Die Häufigkeit nimmt hinter Wolfsburg nach Osten hin allerdings ab.

Liegestelle am Kanal

Zusätzlich findet man am Kanal ausreichend und teilweise gut ausgerüstete Häfen. Man hat also die Wahl zwischen Liegeplatz an einer Spundwand oder einem Hafen. Bei manchen Häfen sollte man auf den Schwell, der von Frachtern hervorgerufen wird, achten. Dies gilt besonders beim Ein- oder Ausfahren. Manche Häfen besitzen eine Sperre am Eingang. Diese wird bei Bedarf gehoben und soll den Schwell verringern. Die Häfen sind im allgemeinen recht klein und bieten kaum Platz für grosse Schiffe. Eine Voranmeldung hilft, schlechte Überraschungen zu vermeiden.

Wir haben Glück und finden problemlos Plätze für beide Boote. Bei Stadt-Besuchen ziehen wir die Häfen vor. Oft findet man gute Einkaufsmöglichkeiten in direkter Kanalnähe.

Im Gegensatz zu unseren Erfahrungen aus Frankreich, Belgien oder Niederlanden, liegt man an den Liegestellen im Kanal trotz des recht starken Frachtverkehrs überraschend ruhig. Die vollgeladenen Schiffe halten sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen. Kaum einer fährt schneller als 12 km/h, häufig auch weniger. Der Verkehr nimmt zusätzlich nachts stark ab.

Da es auf den ersten 174 km keine Schleusen gibt, kommt man gut voran. Hier sind vor allem Schiffe (80 – 90 m) und Schubverbände (über 135m) aus Deutschland, Polen, Tschechien und den Niederlanden unterwegs.

Auf dem ganzen Kanal gibt es nur 3 Schleusen. Nach 174 erreichen wir die erste Schleuse Anderten. Sie liegt etwa 10km östlich von Hannover und hat eine Fallhöhe von fast 15m. Zur Zeit wird wegen Renovierungsarbeiten nur die „Nordkammer“ bedient.

Die zwei folgenden Schleusen haben Fallhöhen zwischen 6 (Zerben) und 19m (Hohenwarthe). Die Schleusen sind als „Sparschleusen“ entworfen, um den hohen Wasserbedarf zu begrenzen (40 000 m3/Schleusung).

Prinzip einer „Sparschleuse“

In den Schleusenwänden von Anderten befinden sich auf der ganzen Länge und auf der ganzen Höhe Speicherbecken, die nacheinander entweder geleert (beim Füllen der Kammer) oder gefüllt werden (beim Leeren der Kammer). Bei der Schleuse Anderten sind es 5 x 5 x 2 Wasserspeicher.

Ein besonderes Schauspiel bieten auch die Kanalbrücken in Minden über die Weser und bei Magdeburg über die Elbe. In beiden Fällen erlauben Schleusen vom Kanal zum jeweilen Fluss (und umgekehrt) zu kommen.

Bei der Überfahrt über die Elbe-Kanalbrücke bei Magdeburg ist darauf zu achten, dass Sportboote nur im Konvoi hinter Frachtern die Brücke überqueren dürfen. Am besten meldet man sich über Funk VHF 01 an, egal ob ein Frachter in der Nähe ist oder ob man alleine ist. Der Verkehr wird von der nahegelegenen Schleuse Hohenwarte gesteuert. Bei der Fahrt von Osten nach Westen informiert der Schleusenwärter vorab über die Fahrsituation auf der Brücke.

Mit dieser beeindruckenden Schleuse endet der Kanal. Sie ist mit Schwimmpollern ausgestattet (bei Talfahrt auf der Steuerbordseite)

Ausser der Technik bietet der Kanal auch eine Menge an sehenswerten Orten.

Bemerkenswert finden wir Bad Essen (Erholung und Freizeit), Hannover (Kultur und Einkauf) und Wolfsburg (Automobil).

Es lohnt sich auf jeden Fall, sich etwas Zeit für die 325km zu nehmen. Es gibt viel zu sehen und zu tun. Abwechslung bieten nicht nur die Städte, auch die Landschaft verändert sich von Westen nach Osten kontinuierlich. Irgendwie kann man noch den Ursprung des Kanals spüren: Stahl für den Osten, Weizen für den Westen!

Uns bleibt ja noch die Rückfahrt. Aber bevor es so weit ist, gibt es noch viel zu entdecken in den 3 Wochen, die uns bleiben in und um Berlin.


Zusammenfassung:

  • Altenrheine (DEK) – Bramsche: 44km, 6,3h (Liegeplatz)
  • Bramsche – Bad Essen : 32km, 3h (Hafen)
  • Bad Essen – km 107 : 48km, 5,7h (Liegeplatz)
  • Km107 – Hannover : 57km, 5,7h (Hafen)
  • Hannover – Salzgitter : 53km, 5,9h, 1 Schleuse (Hafen)
  • Salzgitter – Wolfsburg : 37km, 4,1h, 1 Schleuse (Hafen)
  • Wolfsburg – Haldersleben : 54km, 5,6h (Hafen)
  • Haldersleben – Genthin (EHK) : 61km, 6,8h, 2 Schleusen (Liegplatz für Lidl-Kunden)